Karte XXII
Die Unerheblichkeit
Thema als Kurzfassung:
Die
Einfältigkeit. Die "geistige" Weiblichkeit. Mehr Scheinen als
Sein.
Kein Vertrauen in das Eigene. Das große Kind. "Papa hat gesagt..."
Das Bild zeigt eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, das sich verkleidet hat. Sie hat das Gewand einer Priesterin angezogen und sie hält einen Stab in der Hand, der deutlich auf etwas "Höheres" hinweisen soll. An etwas, das größer ist, als sie. An diesem Stab, an diesem "Höheren" hält sie fest und an ihm hält sie sich fest. Ihr Gesichtsausdruck spiegelt eine milde Ratlosigkeit und ihr Zeigefinger am Kinn eine leise Unsicherheit.
So, wie sie dasteht und wie sie gesehen werden will, vertritt sie dieses geistig Höhere und sie möchte, dass der Betrachter das auch zur Kenntnis nimmt. In ihrem Inneren aber weiß sie, dass im Hintergrund (hinter dem Vorhang!) jemand steht. Ein ganz realer Mensch. Jemand, den sie jedoch für wesentlich größer hält (als sich selbst) und an dessen Werten und geistigen Überzeugungen sie sich (wie an dem Stab) festhält.
(Zu ihrer Entschuldigung muss jedoch gesagt werden: Sie glaubt ganz fest daran, dass der Höhere hinter dem Vorhang einen sehr intimen Kontakt mit etwas "noch Höherem" oder gar mit dem "Höchsten" pflegt.)
Natürlich: Ohne die Gestalt hinter ihr fiele die Verkleidung, fiele das Gewand von ihr ab und sie stünde nackt, klein und hilflos da. Denn man sieht es ja jetzt schon: Sie schaut mit der Ratlosigkeit einer Fünfjährigen und tatsächlich ist sie in ihrer Seele auch nicht viel älter.
Was sie nicht sehen kann und auch nicht sehen will: Das Gewand überfordert sie und macht sie im wörtlichen Sinne "einfältig", denn natürlich kann ihr in dieser Kostümierung auch gar nichts Eigenes einfallen. Ihre Einfältigkeit besteht darin, dass sie die vielen Facetten des Lebens (des Lebens ganze Buntheit) noch gar nicht kennengelernt haben kann und auf diesen Reichtum zugunsten der mühsam gelernten Werte (die aus der Welt hinter dem Vorhang kommen) willig zu verzichten bereit ist. Diese Werte und Maßstäbe des "Papas" oder des Thetans (des Vicarius, des Bhagwans, des Börsengurus, oder wie die "Großmeister" hinter dem Vorhang auch heißen mögen), sind für sie Gesetz und werden es auch noch eine lange Zeit bleiben. Und die Gestalt auf unserer Karte merkt gar nicht, dass sie dabei die Suche nach ihrem eigenen Gesetz und ihren eigenen Maßstäben vernachlässigt.
Wie muss nun ein Betrachter dieses Thema in den Bereich der Partnerschaft hinein sich vorstellen?
Zuerst einmal: Egal ob du, der du die Karte gezogen hast, Mann oder Frau bist: In deinen Zweier-Beziehungen, in deinen Partnerschaften, gibt es im Hintergrund einen Dritten! So wie in der Partnerschaft eines Psychoanalytikers hinter dem Vorhang Sigmund Freud lauert und (als wäre es eine Stimme im eigenen Kopf) den Analytiker inwendig fragt, ob er tatsächlich so mit seinen Triebimpulsen umgehen wolle, so steht, ob du es wahrhaben willst oder nicht, hinter deinem Vorhang eine Gestalt, an die du deine Fragen, deine Unsicherheit und deine Verantwortung delegierst.
Vereinfacht gesagt, steht dahinter ein Guru!
Nein, nicht unbedingt ein Sektenführer, sondern ein großer lebender oder toter Mensch, dem du die Macht über große Teile deines Lebens eingeräumt hast. (Sekten Gurus wie Osho, Sai-Baba etc. sind ja nur die besonderen Spitzen dieses Eisberg-Gebirges.)
Eines musst du dabei wissen: Gurus jeder Art sind Schmarotzer. Sie ernähren sich von der Lebenskraft ihrer Anhänger. Sie nehmen von dir Alles und sie geben dir wunderhübsche bunte Luftballons. (Die natürlich nach ein paar Jahren platzen.) Eines aber kann die bei diesem Spiel trösten: Indem sie dich vollständig von deinem Weg abbringen, wird auch der Druck auf dich stärker, eines Tages auszubrechen und deinen Weg zu finden.
Auch in der Partnerschaft.
Jean Houston hat einmal die Bedeutung des Wortes und die Lernaufgabe, die ein solcher Mensch für dich hat, folgendermaßen buchstabiert: "GURU, I spell this word: "GEE, YOU ARE YOU!"
Das Originalgemälde stammt von dem französischen Künstler Adolphe (William) Bouguereau (1825 - 1905). Titel des Gemäldes: Young Priestess (gemalt 1902). Es hängt heute in der Memorial Art Gallery of the University of Rochester.
Wenn Du die Karte ziehst:
A: Das Problem
Deine Partnerschaftsprobleme, besonders jenes, dessentwegen du dieses Spiel befragt hast, sind entstanden vor dem Hintergrund eines Glaubenssystems. Und diese Glaubenssätze hat dir jemand verkauft (fast hätten wir gesagt: "angedreht"), so wie man vor Warenhäusern heute allenthalben Gemüseschnitzelmaschinen zum Kauf anbietet.
Das wirklich interessante an diesen Glaubenssystemen und diesen Gemüseschnitzelmaschinen besteht darin, dass sie zum Zeitpunkt des Verkaufes wunderbar zu funktionieren scheinen und tatsächlich ein Nonplusultra für dein Leben darstellen, willst du sie aber zu Hause anwenden, ist ihr Zauber verflogen und sie versagen zur Gänze.
Das liegt nicht etwa an den jeweiligen "Propagandisten". Ob sie sich ihren eigenen Quatsch glauben, ist völlig unerheblich, viel wichtiger ist, dass du glaubst, mit Hilfe eines Systems von außen oder einem genialen Menschen (und seiner Theorie) von außen deine Probleme lösen zu können. Das Leben, nein: Dein Leben kommt nämlich bisher so gern du es auch hättest in keiner Theorie und keinem äußeren Glaubenssystem vor, es ist ein Unikat!
So einzigartig und so wertvoll, dass du es keinem äußeren Guru (und sei es Jesus!) übergeben und anvertrauen darfst.
Die schlechte Nachricht ist die: Wann immer du dich auf die Führung von demjenigen, der hinter deinem Vorhang steht, verlässt, bist du von allen guten Geistern verlassen. Von deinen guten Geistern! Allerdings: Sie warten darauf, dass du irgendwann zu ihnen zurückkehrst.
B: Die Lösung
Jetzt zu der guten Nachricht: Alle Menschen (mit denen wir bisher zu tun hatten), die sich der äußeren Führung eines (Reiki-, Avatar-, Scientology-, Erleuchtungs- oder sonstigen) Meisters anvertraut hatten, alle Menschen also, die vor einem Vorhang standen, hinter dem jemand verborgen war, hatten ihre eigene innere Führung aus ihrem Herzen verbannt. Sie fuhren deshalb nach Poona oder nach Bhutaparthi und suchten sich dort einen neuen Papa oder eine neue Mama, weil sie ihre eigenen Eltern für zu unbedeutend, zu belanglos, zu klein oder gar für zu dumm erklärt hatten. Und als logische Folge davon, fühlten sie sich (tief im Inneren) selbst unbedeutend, belanglos, klein und dumm. Jetzt sollte ein äußeres System mit einem neuen Papa, einer neuen Mama dieses Manko kompensieren.
Aber leider so funktioniert das nicht. Die Lösung besteht einzig und allein darin, dass du zu jener Quelle der Kraft zurückfindest, welche weit aus der Vergangenheit her stammend über deine Eltern direkt in deine Seele hinein fließt. Dieser Strom kommt wirklich von weit her und dein Vater und deine Mutter sind jene Schaltstellen, durch die dieser Strom zu dir gelangt. Im Moment hast du sie aus den oben genannten Gründen abgeschaltet.
Und erst wenn dein Vater und deine Mutter in deinem Herzen versammelt und vereint sind, darf der Strom aufs Neue fließen. Weder brauchst du dann einen Vorhang, noch jemanden der dahinter steht.