Calderón de la Barca
Das große Welttheater

In der Nachdichtung von
Joseph von Eichendorff

 

 

Spanischer Originaltitel:
'El gran teatro del mundo

Der Text folgt: Geistliche Schauspiele von Don Pedro Calderón de la Barca. Übersetzt von Joseph Freiherr von Eichendorff.

Erster Band. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1864. – Orthographie
und Interpunktion wurden behutsam modernisiert.

 

PERSONEN

Der Meister
Das Gesetz der Gnade
Die Welt
Der König
Der Weise
Die Schönheit
Der Reiche
Der Landmann
Der Bettler
Ein Kind
Eine Stimme

 

Der Meister (erscheint mit Sternenmantel und Strahlenkrone). Anmutige Konturen

Der aus der Tiefe dämmernden Naturen,

Die zwischen Licht und Nächten

Des Himmels Abglanz sich erobern möchten

Und die Gestirne überfunkeln

Mit ihren schönen Blumen, die verdunkeln,

Eh’ sie noch kaum erglühten,

Ein ird’scher Himmel schnell verwehter Blüten,

Kampfplatz der Elemente,

Ihr luft- und flutumspülten Berggelände,

Wo durch der Lüfte Wellen

Der Vögel Barken bunte Segel schwellen,

Der Fische stumm’ Gewimmel

Glückselig schwebt in meeresblauem Himmel,

Wo zuckende Wetterstrahlen

Mit Zornesfeuer ernste Warnung malen

Und auf den waldumkränzten Bergeszinnen,

Als Herrn des Reiches, Tier und Menschen sinnen.

Du rastlos Ungeheuer

Aus Erde, Wasser, Luft und Feuer!

In ew’gen Wandlungen

Des Universums Werkstatt kühn entrungen,

Ein Wunder, wie kein zweites noch die Himmel kennen –

Und um mit einem Wort dich zu nennen:

Du, Welt! die, wie das Lied vom Phönix singet,

Stets aus der eignen Asche sich verjünget!

(Die Welt erscheint.)

Die Welt. Wer heißt, zum Leben

Dem rauhen Kern des Balls, der mich umgeben,

Mit so gewalt’gem Rufe mich entsteigen?

Wer, mich mir selbst entreißend, bricht mein Schweigen?

Der Meister. Dein hoher Herr und Meister;

Gestalt und Form mit sichrer Hand umkreist er,

Ein Hauch von seinem Munde

Enthebt dich hier des Urstoffs finsterm Grunde.

Die Welt. Und wozu riefst du mich auf dies Gebilde?

Der Meister.

Es schafft der Bildner sinnend sein Gebilde,

Die eignen Gedanken

Lebendig dran ins Licht emporzuranken.

Aus eigner Macht bereiten

Will ich ein Fest mir, denn zu allen Zeiten,

Um meine Kraft und Herrlichkeit zu preisen,

Wird die Natur sich festlich mir erweisen;

Und da, vor allen Festen,

An würd’gem Schauspiel sich am allerbesten

Die Geister kräftigen und heben,

Und nur ein Spiel ja alles Menschenleben,

So mag auf deinen Auen

Der Himmel auch ein Schauspiel heute schauen,

Das, bin ich Herr hier eben,

Notwendig von den Meinen wird gegeben.

So hab ich denn aus diesen

Die Menschen, als die tüchtigsten, erkiesen,

Die in gemeßnen Weisen

Auf den vierfach geschiednen Erdenkreisen

Des Welttheaters wacker spielen sollen;

Ich selbst verteil die Rollen

Nach eines jeglichen Natur und Richtung.

Doch, daß des Festes Dichtung,

Wie sich’s gebühret, auch mit allen Prachten

Der Szenerie und mit dem Schmuck der Trachten

Ergötzlich blende,

So rüste du verschwendrisch und behende

Die holden Scheine,

Daß jeder Wirkliches zu schauen meine.

Und nun ans Werk! Derweilen ich dirigiere,

Sei du die Bühne und der Mensch agiere.

Die Welt. Mein erhabner Herr und Meister,

Dessen Winke, dessen Rufe

Alles ehrerbietig lauscht,

Meiner Bühne weite Runde

Öffn’ ich denn, auf daß die Menschen

Sich im Schauspiel drauf versuchen,

Und ein jeder, was die Rolle

Fordert, finde hier nach Wunsche.

Blindes Werkzeug deiner Rechte,

Führ ich aus nur, was du schufest,

Meine Tat ist dein Gedanke,

Mein das Werk zwar, dein das Wunder –

Erstlich nun – da’s überall

Angemessen wird befunden,

Von der Bühne nichts zu sehn,

Bis der erste Laut erklungen –

Laß ich einen grauen Vorhang

Übers Ganze niederfluten,

Wo chaotisch alle Dinge

Noch verworren und verschlungen.

Doch das soll nicht lange dauern;

Wenn die Nebel sich geschwungen,

Werden rasch, um zu verscheuen

Des Theaters Dämmerungen

(Denn kein Festtag ohne Licht!),

Himmelskronen dann entzünden:

Hier des Tages heil’ge Fackel

Und des mitternächt’gen Dunkels

Hehre Leuchte dort, umflimmert

Von tausend lichten Funken,

Die vom Diadem der Nacht

Die Geschicke niederfunkeln.

Gleich im Anbeginn des Schauspiels,

Wo die schlichte und unschuld’ge

Weltintrige der Natur

Durch den ersten Akt geschlungen,

Soll empor ein Garten tauchen

Mit den zierlichsten Konturen,

Wunderbaren Perspektiven,

Daß man staune, wie’s gelungen

Der Natur, so mächt’ges Bild

Zu entwerfen ohne Studien.

Kaum noch aus den ros’gen Knospen

Äugelnd, sollen zarte Blumen

Da zum erstenmal den Morgen

Schüchtern grüßen und verwundert,

Und aus dunklem Laub der Bäume

Lockend goldne Früchte lugen,

Wenn vielleicht nicht schon die Schlange

Neidisch sie mit Gift besudelt;

Tausend Bächlein da zerschlagen

Ihr Kristall in jähem Sturze,

Daß Aurora um sie weine

Und von Tränen perl’n die Fluren;

Und daß um so leuchtender

Dieser Menschenhimmel funkle,

Denke ich in wüsten Heiden

Rings zu fassen seine Runde.

Berge zieh ich, wo Gebirge,

Täler tief, wo Niederungen

Zu dem Bilde passend scheinen,

Und wo schon Aquädukte

Selber sich die Erde klüftet,

Laß ich schlau durch diese Furten

Abgefangne Meeresarme

Weit durchs Land als Ströme funkeln.

Zeigen auch die ersten Szenen

Nirgends eines Bauwerks Spuren,

Soll man doch bald Wunder sehn,

Wie ich in ein paar Minuten

Staaten gründe, Städte baue

Und die Höhen krön mit Burgen;

Und wenn endlich, überwüchsig,

Der Gebirge Felsenwuchten

Alles zu erdrücken drohen

Und die Lüfte fast verdunkeln,

So verwandl’ ich rasch die Bühne,

Daß, vom Sturm aus tiefstem Grunde

Aufgewühlt, ein Ozean

Alle Gipfel überflute

Und im unermeßnen Leer,

Zwischen grauer Wolken Zuge,

Nur ein einsam Schiff erscheine,

Das durch alle Schrecken furchtlos,

Auf noch nie befahrner Bahn,

Sichre, stille Gleise furchet,

Und Geflügel, Tier’ und Menschen

Rettend birgt in seinem Rumpfe.

Doch wenn drauf der Friedensbogen

Über Meer und Schiff geschwungen,

Mit den milden Himmelsfarben,

Blau und violett und purpurn,

Durch das Grauen niederstrahlt:

Bricht des Elementes Wut sich,

Und erschrocken beugt die Woge

Dem Gesetz sich ihres Ursprungs

Vor der Felsenstirn der Erde,

Die nun aus dem Grab der Fluten

Wiederum ihr Antlitz hebt,

Wenn auch bleich, verweint und stumm noch.

Ungesäumt nun folgt der zweite

Aufzug nach des ersten Schlusse:

Der vom Moses – und hier muß ich

Meinen Fleiß zu mehren suchen,

Denn, um dorthin zu gelangen,

Kommen eilig, trocknen Fußes,

Aus Ägypten angerückt

Durch das Rote Meer die Juden.

Dort, wenn so die Flut sich teilt,

Soll die Sonne sich verwundern,

Was ich ihr für Klüfte zeige,

Die sonst tief im Wasser ruhten.

Doch schon mit zwei Feuersäulen

Leuchtet sei voran dem Zuge,

Denn durch Wüsten geht der Weg,

Zum verheißenen Genusse,

Und um das Gesetz zu holen,

Hat den Moses, raschen Fluges,

Jetzt auf einen mächt’gen Berg

Ein Gewölk emporgeschwungen.

Aber dieser zweite Akt

Bricht in Schrecken aus zum Schlusse:

Wie im Todesschlummer dämmernd,

Wird die Sonne sich verdunkeln

Und in tiefen Fieberschauern

Wird man da die Himmelskugel

Irre wanken sehn und weichen

Alle Kreis’ aus ihren Fugen,

Berge bersten und die Mauern

Taumeln, wie von Wahnsinn trunken,

Bis der ganze morsche Bau

Rings in Trümmern ist gesunken –

Drauf beginnt der dritte Akt,

Der von Ahnungen durchklungen,

Daß hier Höheres im Spiel:

Das Gesetz des neuen Bundes –

Eitel Streben, zu ergründen

Dieses Wunder aller Wunder! –

Also wird man in drei Akte,

Nach den dreierlei Statuten,

Einst die Weltenalter teilen

Von Jahrhundert zu Jahrhundert,

Bis zuletzt die ganze Bühne

Mit all ihrem reichen Prunke –

Daß auch Feuerwerk nicht fehle

Bei dem Fest – im Blitzeszucken

Unversehns von einem grimmen

Feuermeere wird verschlungen.

Hier versagt mir meine Stimme

Und mein bleicher Mund verstummt,

Denn, schon es zu ahnen, schaudr’ ich,

Es zu denken, sprengt die Brust mir,

Und ich bebe, auszusprechen

All das unermeßne Unglück.

Oh, daß dieser Tag noch lange

Weilte in der Zeiten Grunde

Und ihn nie die Völker schauten,

Die noch ruhn im Schoß der Zukunft! –

Nun, in den drei Akten sehen

Wohl die Menschen manches Wunder,

Und nicht einem soll da fehlen,

Was fürs Schauspiel ihm von Nutzen.

Und da ich nun das Theater

Ausgerüstet ganz nach Wunsche,

Wirst du selbst wohl, was das Spiel

Anbetrifft, wie ich vermute,

Alles schon im Sinne haben,

Denn in deinem Sinn verbunden

Sind die Menschen, eh’ sie sind,

Schon versichert ihres Ruhmes.

Doch daß jeglicher imstande,

Auf der Bühne, deinem Rufe

Folgend, auf- und abzutreten,

Habe ich zwei Türen hurtig

Eingerichtet: hier die Wiege,

Dort das Grab im Hintergrunde;

Und nicht minder auch gedacht’ ich

Des Kostüms und nöt’gen Putzes,

Wie die Rollen ihn erheischen,

Denn bereit halt ich zur Stunde

Für den, der den König gibt,

Lorbeerkränze und den Purpur,

Für den tapfern Feldhauptmann

Waffen, Ansehn und Triumphe,

Dem, der den Minister spielt,

Geb ich Bildung, Bücher, Schulen,

Geistlich Regiment dem Mönche,

Dem Verbrecher manchen Unglimpf,

Ehr’ und Pracht dem Edelmann,

Privilegien den Kommunen.

Auch den Landmann, der um eines

Toren Schuld in Angst und Kummer

Muß den Harten Boden bauen,

Rüst ich aus mit Hack’ und Pfluge;

Doch vor allen dann des Schauspiels

Dame zier ich mit dem Schmucke

Höchster Schönheit, diesem süßen

Gifte für so viel Unschuld’ge

Nur den Bettler laß ich laufen,

Weil das seines Parts Natur so.

Keiner soll sich da beklagen,

Daß er nicht bereit gefunden,

Was er für sein Rollenfach

Irgend nur an Schmuck bedurfte.

Macht er dennoch seine Sache

Schlecht dann, so ist’s meine Schuld nicht,

Sondern seine – und da nun

Schon gerüstet all der Plunder,

So kommt, Sterbliche, herbei,

Um sich einzeln auszuputzen;

Auf dem großen Welttheater

Zeige jeder seine Kunst nun! (Geht ab.)

Der Meister. All ihr, noch im Nichts verloren,

Ruf euch dennoch auf zum Licht,

Denn vor meinem Angesicht

Seid ihr, eh’ ihr noch geboren;

Heiß’ zu jenen Blumenfloren,

Hört ihr mich auch nicht, euch eilen,

Wo der Zedern schlanke Säulen,

Palm und Lorbeer eurer warten –

Um an alle in dem Garten

Nun die Rollen zu verteilen.

(Es erscheinen: der Reiche, der König, der Landmann, der Bettler, die Schönheit, der Weise und ein Kind.)

Der König. Meister, siehe hier die Deinen!

Nicht geboren erst zu werden

Braucht ja dein Geschöpf auf Erden,

Um vor dir, Herr, zu erscheinen.

Noch beschwingt die Seele keinen.

Ohne Leben, ohne Sinnen,

Trüb, gestaltlos wir zerrinnen

Wie der Rauch, des Windes Raub;

Hauch beseelend an den Staub,

Daß wir unser Spiel beginnen!

Die Schönheit. Deines Denkens Schattenrisse

Sind wir, die nicht schaun, nicht leben,

Falb im unentschiednen Schweben

Nichts von Gut und Bösem wissen;

Drum, wenn aus der Welt Kulissen

Wir hervor hier treten sollen,

So verteile nun die Rollen,

Denn es ziemt uns allzumal

Nimmer in dem Stück die Wahl,

Welchen Part wir spielen wollen.

Der Landmann. Herrscher über dieses Land,

Den ich heut erst kennenlerne,

Deinem Winke folg ich gerne,

Als das Machwerk deiner Hand.

Und da dir gar wohl bekannt

(Denn nichts birgt sich Gottes Blicke),

Welcher Part sich für mich schicke:

Kann ich, sollt’ ich steckenbleiben,

Nicht dem Part die Schuld zu schreiben,

Sondern meinem Ungeschicke.

Der Meister. Wollte ich die unruhvollen

Menschen um die Wahl befragen,

Auch nicht einem wohl behagen

Möchten dann des Leidens Rollen,

Alle würden herrschen wollen

Über alle frank und frei,

Und es fiele keinem bei,

Daß auf dieser Bühnenwelt,

Was er für das Leben hält,

Eben nur ein Schauspiel sei.

Doch ich, Autor dieser Märe,

Weiß, was jeder leisten kann,

Und so nimm denn jedermann,

Welchen Part ich ihm beschere.

(Die Rollen verteilend.)

Spiel den König du.

Der König. O Ehre!

Der Meister. Du, die Dame, leucht als Sonne

Ird’scher Schönheit.

Die Schönheit. Welche Wonne!

Der Meister. Du den reichen Kavalier.

Der Reiche. Oh, so ward das Glückslos mir,

Wolkenlos zu schaun die Sonne!

Der Meister. Und des Landmanns Part sei dein.

Der Landmann. Ist ein Dienst das oder Würde?

Der Meister. Eine arbeisel’ge Bürde

Der Landmann. Werd ein schlechter Werkmann sein.

Nein, ich bitt Euch, Herre mein,

Stamm ich gleich von Adam her,

Macht mir’s doch nicht gar so schwer!

Zwar ein Landgut wär’ mir lieb,

Doch ein rechter Tagedieb

Steckt in mir, irr ich nicht sehr;

Denn nach meinem Naturelle,

Und so neu in solchen Dingen,

Werd ich schlecht den Spaten schwingen,

Oft mich ausruhn auf der Schwelle.

Wär’ hier ªNein´ an rechter Stelle,

Gleich wär’ ich damit zur Hand,

Aber vor so feinem Grand’,

Fürcht ich, nützt mir’s gar nicht viel,

Und so bleib ich in dem Spiel

Wohl der schlechtste Komödiant.

Doch Ihr habt Erfahrenheit,

Die den Hut mißt nach dem Kopfe,

Also auch mir armen Tropfe

Meine Dummheit wohl verzeiht.

Gebt da jedem Schaf sein Kleid;

Was sollt’ ich da lamentieren!

Dadurch laßt Ihr mich ja spüren:

ªMensch, du sollst nichts übertreiben´

Und so, um bei Kraft zu bleiben,

Will ich hübsch gemach agieren.

Der Meister. Weisheit hab ich dir erkoren.

Der Weise. Hohe Gunst erweist du mir.

Der Meister. Den armsel’gen Bettler dir.

Der Bettler. Gibst du mich so ganz verloren?

Der Meister (zu dem Kinde).

Und du stirbst, eh’ du geboren.

Das Kind. Da ist meine Müh’ gar klein.

Der Meister. Weislich richt ich’s also ein,

Daß, wer lebt, mitspielend strebe,

Und ich selbst sein Fach ihm gebe –

Denn so frommt es eurem Sinn.

Der Bettler. Könnte ich mein Los vermeiden,

Ach, wie gerne gäb’ ich’s hin,

Denk ich recht in meinem Sinn

Meiner Rolle bittre Leiden.

Doch ich kann hier nichts entscheiden,

Wenn ich mich auch des erfrechte,

Aber du erwäg das Rechte,

Nicht, was nimmer dir zu sagen

Darf der arme Bettler wagen,

Nein, was wer dir sagen möchte:

Weshalb ward der Armut Pflicht

Mir zuteil in der Komödie?

Diese nur für mich Tragödie

Und für alle andern nicht?

Warum ich ein armer Wicht?

Weshalb, da für meinen Part

Mir dieselbe Seele ward

Wie dem Könige beschieden

Unsre Rollen nun hienieden

Von so ganz verschiedner Art?

Hättest du zu anderm Streben

Mich aus anderm Stoff gebaut,

Wen’ger Seele mir vertraut,

Wen’ger Sinne mir gegeben:

Nun, so tröstet’ ich mich eben,

Daß hier andre Gründe walten,

Doch hier scheint’s ein strenges Schalten,

– Ja verzeih – erscheint es hart,

Daß er, der nicht besser ward,

Beßre Rolle soll erhalten.

Der Meister. Wisse, diese Bühne ziert

Minder nicht, wer ohne Fehle,

Schlicht und recht aus voller Seele

Mit dem Bettelstab agiert,

Als wer Kron’ und Zepter führt;

Und wenn einst der Vorhang fällt,

Werden beide gleichgestellt.

Halt dich wacker und vergesse

Nimmer, daß ich dir bemesse

Gleich dem Kön’ge, dein Entgelt.

Wähne nicht, ob noch so wild

Dir das kurze Leben grolle,

Daß darum des Königs Rolle,

Hast du deine ausgefüllt,

Meinem Recht nach höher gilt;

Voller Lohn wird nach Gebühr

Einst euch beiden, ihm wie dir.

Jede Rolle kann dich heben,

Denn das ganze Menschenleben

Ist ja nur ein Schauspiel hier;

Und ist dann das Spiel geschlossen:

Speist an meiner Seit’ zu Nacht,

Wer’s am besten hat gemacht

Und getreu und unverdrossen

Seiner Rolle Geist erschlossen –

Dort mach ich euch beide gleich.

Die Schönheit. Doch wie heißt in deinem Reich

Nun das Stück, zu dem wir kamen?

Sag uns Herr, erst seinen Namen.

Der Meister. ªTue recht – Gott über euch.´

Der König. Not tuts, daß wir nichts versehn

In so wunderbarem Stücke.

Der Reiche. Darum, daß es besser glücke,

Laßt uns an die Probe gehen.

Der Weise. Ei, wie könnte dies geschehn,

Da wir, eh’ das Stück beginnt,

Alle seelenlos noch sind,

Ohne Licht und ohne Leben?

Der Bettler. Doch wie läßt ein Stück sich geben

Aus dem Stegreif so geschwind?

Der Landmann. Recht hat der da mit der Krücke

(Denn das hab ich schon erlauert,

Daß, wer bettelt und wer bauert,

Sich wie Hans zur Grete schicke).

Seht, selbst eins der alten Stücke,

Noch so oft schon aufgeführt,

Wird’s nicht wiederum probiert,

Fällt’s nicht aus zu sonderm Lobe;

Wie nun, wenn man ohne Probe

Gar ein neues hier agiert?

Der Meister. Ruhm wird sich das Spiel erwerben,

Nehmt ihr immerdar in acht,

Daß der Himmel richtend wacht,

Daß ihr wurdet, um zu sterben.

Die Schönheit. Und doch fürcht ich’s zu verderben,

Da wir alle noch nicht wissen,

Wenn wir nahn und abgehn müssen.

Der Meister. Auch dies bleibe euch verhüllt.

ªWerden, sterben´ zeigt im Bild

Euch der Ein- und Ausgang an.

Haltet nur in allen Wirren

Abzutreten euch bereit,

Denn ich rufe, kommt die Zeit.

Der Bettler. Doch wenn wir vielleicht uns irren,

Geist und Sinne sich verwirren?

Der Meister. Für die sämtlichen Genossen

Habe ich ein Buch erschlossen,

Dem, des Sinne sich verdüstern,

Draus einhelfend zuzuflüstern;

Dem Gemeinen wie dem Großen,

Allen dieses Buch bedeutet,

Was zu tun zu jeder Frist.

Also klagt nicht! Frei nun ist

Euer Wille und bereitet

Steht die Bühne ... so durchschreitet

Denn von Aufgang nun sogleich

Bis zum Niedergang das Reich

Eures ird’schen Seins.

Der Weise. Was stehen

Wir noch so zögern?

Alle. Last uns gehen,

Recht zu tun – Gott über euch!

(Indem sie abgehen wollen, kommt ihnen die Welt entgegen.)

Die Welt. Kommt! Ihr findet alles drinnen.

Schmückt euch nur aufs allerbeste

Zu dem Schein- und Schauspielfeste,

Daß es würdig mag beginnen.

Der König. Nach der Krone steht mein Sinnen.

Die Welt. Warum Kron’ und Lorbeer dir?

Der König. Weil dies meiner Rolle Zier.

Die Welt. Nun, so nimm den Schmuck dahin.

(Sie reicht ihm Krone und Purpur, der König geht ab.)

Die Schönheit. Volle Kränze von Jasmin,

Nelken, Rosen reiche mir!

Blitz auf Blitz, durch alle Zweige,

Laß die Frühlingslichter spielen,

Laß die Blumenaugen zielen

Aus des Maien buntem Reiche,

Daß, besiegt, vor Neid erbleicht,

Wenn sie mich erblickt, die Sonne,

Und die Blume, die zum Bronne

Ihres Lichts die Blicke sendet,

Sei fortan nach mir gewendet,

Sonnenblume mir die Sonne.

Die Welt. Ei, wie gar so eitelsinnig

Trittst du, Kecke, in die Welt!

Die Schönheit. Darauf ist mein Part gestellt.

Die Welt. Und der ist?

Die Schönheit. Die Schönheit bin ich.

Die Welt. Oh, so töne Lenz, herzinnig,

Funkeln soll’s und Blüten schnei’n!

Strahl im Frühlingswiderschein!

(Sie gibt ihr einen Blumenstrauß.)

Die Schönheit. Farbentrunken will ich schreiten,

Blumen sollen Tepp’che breiten,

Spiegel mir die Quellen sein. (Ab.)

Der Reiche. Gebet Pracht und Reichtum mir,

Mir, was ihr bewahrt an Schätzen!

Mich behaglich zu ergötzen

Auf der Welt, erschein ich hier.

Die Welt. Ja mein Innres will ich dir

Auftun, all Geklüft zertrümmern!

Die da in der Tiefe schimmern:

Gold und Silber, das ich karg

Seit Jahrhunderten dort barg,

Soll nach Wunsche dich umflimmern.

Der Reiche. Schwindelnd immer höher streben –

O des Glückes, das mir ward! (Ab.)

Der Weise. Ich erfleh für meinen Part

Ein Stück Erde, drauf zu leben.

Die Welt. Welcher Part ist dir gegeben?

Der Weise. Weisheit und die Lernbegier.

Die Welt. Steht’s um dich so geistlich hier,

Nun so bet und faste sehr.

(Sie reicht ihm Kutte und Geißel.)

Der Weise. Weise wär’ ich nimmermehr,

Nähm’ ich anderes von dir. (Ab.)

Die Welt. (zum Kinde).

Wie? Und du magst nichts begehren?

Ohne Wünsche trittst du auf?

Das Kind. Ach, zu meinem Lebenslauf

Kann ich deiner ganz entbehren.

Ungeboren heimzukehren,

Brauch ich so viel Zeit nur eben,

Um aus dunklem Kerkerleben,

Aus der Nacht in Nacht zu wandern;

Und ein Grab, wie allen andern,

Mußt du mir zuletzt doch geben. (Ab.)

Die Welt. Was willst du denn, grober Knolle?

Der Landmann. Was ich gern dir selbst verehrte.

Die Welt. Ei, zeig, was man dir bescherte.

Der Landmann. Ei, was schert dich meine Rolle?

Die Welt. Das schmeckt ziemlich nach der Scholle;

Wett ich doch, daß dieser Derbe

Sich als Knecht sein Brot erwerde.

Der Landmann. Traun, du hast mein Glück erraten.

Die Welt. Nun so nimm denn diesen Spaten.

(Sie reicht ihm denselben.)

Der Landmann. Das ist Adams saubres Erbe.

Ja, Herr Adam konnt’s wohl wissen,

Der so hochgelahrt doch war,

Daß sein Weib seit manchem Jahr

Des Geschwätzes sich beflissen;

Ich hätt’ nicht mit dreingebissen,

Mocht’ sie schwatzen Tag und Nacht!

Doch der Fant hat wohl gedacht:

ªAch, sie fleht so flehentlich!´

Und so hat er denn, wie ich,

Seine Rolle schlecht gemacht. (Ab.)

Der Bettler. Da ich, was die Welt beglücke,

Andern dich verteilen sehe:

Nun, so gib denn mir das Wehe,

Gib mir Leiden, Mißgeschicke.

Von dem überreichen Glücke

Will ich ja der Kronen keine,

Nicht des Frühlings bunte Scheine,

Silber nicht, noch Gold für mich,

Nur um Lumpen bitt ich dich.

Die Welt. Welche Rolle ist die deine?

Der Bettler. Meine Rolle ist die Trauer,

Ist der Jammer, ist der Schrecken,

Mitleid hier, dort Graun erwecken,

Vor den Türen auf der Lauer,

Zähneklappern, Fieberschauer,

Zwischen Furcht und Unglück schweben,

Lästig allen, die mich laben,

Immer was zu bitten haben,

Nimmer andern was zu geben.

’s ist der Schimpf und das Verachten,

Schande, bittres Herzeleid,

Ekler Schmutz, die Niedrigkeit,

Stets nur nach der Notdurft trachten

Und vor Elend doch verschmachten,

Nie am eignen Herd erwarmen,

Ohne Trost im tiefsten Harme,

Hunger, Durst bis in den Tod,

Es ist die gemeine Not –

Denn das alles ward dem Armen.

Die Welt. Für dich hab ich nichts zur Hand!

Wem des Bettlers Rolle fällt,

Der empfängt nichts von der Welt,

Ja, selbst noch dein Stück Gewand

Nehm’ ich dir – So nun ins Land

Wandre nackt und bloß hinaus,

Denn ich kenn mein Amt im Haus.

Der Bettler. Arge Welt, wie bist du trüglich!

Schmückst den Glücklichen vergnüglich,

Und den Bettler ziehst du aus! (Ab.)

Die Welt. Mannigfalt’ge Stände dort

Seh ich nun zur Bühne schreiten:

Einen König, seiner weiten

Reiche hochbeglückten Hort,

Schönheit deren Zauberwort

Alle Sinne hält gefangen,

Mächt’ge, die in Weltruhm prangen,

Bettler, singend ihre Lieder,

Bauern, fromme Ordensbrüder,

All, auf höheres Verlangen,

Sind, das Schauspiel darzustellen,

Vor den Schranken schon erschienen;

Ich geb das Theater ihnen,

Kostümieren die Gesellen

Und misch Glücks- mit Unglücksfällen –

Tritt nun, heil’ger Meister, ein,

Schau der Menschen Lust und Pein!

Erde, öffne deine Bühne,

Denn des Erdenfrühlings Gründe

Soll des Spieles Schauplatz sein!

(Musik. Es eröffnen sich zwei Bühnen übereinander, auf der oberen erblickt man einen von Glorien umgebenen Thron auf welchem der Meister sitzt; die untere Bühne hat zwei Türen, von denen die ein mit einer Wiege, die andere mit einem Sarg bezeichnet ist.)

Der Meister. Da ich für des Himmels Höhen

Dieses Schauspiel mir ersonnen,

Will ich vor dem Thron der Wonnen,

Um den ew’ge Sonnen gehen,

Nach den Meinen prüfend sehen –

Die ihr wandelt auf und ab

Von der Wiege nach dem Grab,

Menschen! Innerlich erwacht,

Nehmt nun euer Tun in acht,

Denn der Meister schaut herab.

Der Weise. (erscheint mit einer Laute und singt).

Mond, Sonne, Sterne! Des Herren Ehre

Laßt durch die Himmel tönen,

Stimmet ein, ihr schönen

Blumen, der Erde Charaktere!

Lobsinge du, Licht, das alle weckt,

Du funkelnder Tau, der Flamme Sprühen,

Eisiger Winter und Sommerglühen,

Und was da unten der Vorhang deckt,

Denn wo die Höhen sich lichten,

Wird Er ob Gutem und Bösem richten. (Ab.)

Der Meister. Schönres ist mir nie erklungen,

Als aus treuer Menschenbrust

Dieser Hymne ernste Lust,

die, von Daniel einst gesungen,

Seines Königs Zorn bezwungen.

Die Welt. Wer wird den Prolog nun geben?

Doch aus Himmelshöhen eben

Seh ich, auf des Meisters Wort,

Das Gesetz der Gnade dort

Leisen Flugs herniederschweben

Nach der Erde Gipfeln hin.

Das Gesetz. (mit einem Buch in der Hand, auf einer Höhe erscheinend).

Hört! Ich, das Gesetz der Gnade,

Alle zu dem Schauspiel lade;

Allen bin ich Helferin,

Die da irren; Kern und Sinn

Eures Spiels in diesem Reich

Faßt in eines Spruchs Bereich

Dieses Buch – da steht geschrieben:

Sollst, wie dich, den Nächsten lieben,

Tue recht, Gott über euch!

Die Welt. Der Prolog war gar nicht dumm;

Sie hilft aus nun, geht’s wo krumm.

Beifall klatschen möchte ich hier,

Denn die Gnade sprach zu mir,

Als des Festes Publikum –

Aber still, denn jetzt beginnt es,

Sieh, da treten sie schon ein.

(Die Schönheit und der Weise kommen aus der Türe der Wiege.)

Die Schönheit.

Komme mit mir, laß uns schweifen

Durch des Gartens Blütenreich,

Der die süße Lust der Sonne

Und die Heimat ist des Mais,

Denn beim holden Kusse beider

Nur erschließt er, strahlentrunken,

Seinen Widerschein der Sonne

Und den Blumenschmelz dem Mai.

Der Weise. Weißt ja, daß ich’s nimmer liebe,

Ob es Winter oder Mai,

Die willkommne Haft zu brechen

Meiner stillen Einsamkeit.

Die Schönheit. Soll denn, was die andern freut,

Dir nur rauh und strenge sein?

Hat der Tag nicht seine Wonne?

Warum, sprich, hat Gott gestreut

Blumen über die Gefilde,

Wenn wir in der schönen Zeit

Ihren würz’gen Duft nicht atmen?

Wozu hieß er weit und breit

Vöglein mit dem süßen Schalle

Buntbeschwingte Zithern sein,

Ziehn sie ungehört vorüber?

Wozu Perl’ und Edelstein,

Wenn wir nicht mit edlem Stolze

Sie zu würd’gem Schmuck uns reihn?

Warum gab der Herr die Früchte,

Wenn der goldbeladne Zweig

Dir vergebens süße Labung

Aus dem dunklen Laube reicht?

Warum endlich schuf der Himmel,

Berge, Tal und Sonnenschein,

Mag kein Aug’ sich dran ergötzen?

Ja, mit vollem Recht erscheint

Undankbar, wer sich an Gottes

Schönen Wundern nicht erfreut.

Der Weise. Freun sich, um sie zu bewundern,

Und ihm Dank dafür zu weihn,

Ist ein wohlerlaubtes Tun,

Aber irrig, so du meinst,

es sei ringsumher erstanden

Der Geschöpfe Herrlichkeit,

Nur zur Lust dir, ohne ihres

Schöpfers eingedenk zu sein. –

Nein, ich bleib in meiner Klause

Frommer Abgeschiedenheit,

Drin mein Leben zu versenken;

Drum ward Weisheit mir zuteil.

Die Schönheit. Und mir, um gesehn zu werden

Und zu sehn, der Schönheit Preis.

(Sie scheiden voneinander.)

Die Welt. Schönheit und die Weisheit blieben

Nur gar kurze Zeit vereint.

Die Schönheit. Flechtet Netze, meine Locken!

Fange, meine Lieb’, fang ein,

Was gleichgültig schweift auf Erden

Und die Herzen kalt wie Eis.

Die Welt. Eine von den beiden Rollen

Scheint mir hier verfehlt zu sein.

Der Weise. Wie am mächtigsten beflügl’ ich

Meinen Geist?

Die Schönheit. Wie richt’ ich’s ein,

Meiner Schönheit froh zu werden?

Das Gesetz. Tue recht – Gott über euch!

Die Welt. Der Souffleur läßt sich vernehmen –

Schönheit hört’s nicht, geht vorbei.

(Der Reiche tritt auf.)

Der Reiche. Da verschwenderisch der Himmel

Macht und Gut mir heut verleiht,

Sei’s dem fröhlichen Ergötzen

Auch verschwenderisch geweiht,

Nichts sei meinem Wunsch zu hoch,

Was mir wünschenswert erscheint,

Meinen Tisch schmück’, was da fliegt

Oder durch die Wälder schweift,

Meine Heimat schlag ich auf

In Frau Venus’ heiterm Reich,

Süßes Ruhen, stolz Behagen,

Mißgunst, Lust und goldner Wein

Sollen all mein Sein beherrschen!

(Der Landmann kommt.)

Der Landmann. Wer sah härtres Los als meins?

Ich zerkratze der den Busen,

die mir ihre Brust gereicht,

Um alltäglich meine Nahrung

Mütterlich mir zu verleihn.

Ja, ich, der Regent des Pfluges,

Bin’s, der ihre Stirn zerreißt

Und für ihr freigebig Wesen

Manchen Hieb und Streich ihr beut.

Axt und Beil sind meine Waffen,

Und allzeit zum Kampf bereit,

Schlage ich mich durch mit Sichel,

Sense in der Erntezeit.

Etwas Wassersucht verspür ich

Jährlich im April und Mai,

Aber ohne Wasser würd’ ich

Nur noch wassersücht’ger sein.

Braucht man irgendeine Steuer,

– Die Aussteuer dieser Zeit –,

Gleich wird frisch drauflosgesteuert

Auf das arme Bäuerlein.

Aber wart nur, muß ich schwitzen,

Nun, so soll auch meinen Schweiß

Mir mein Kunde wohl bezahlen,

Denn ich stelle selbst den Preis.

Was bekümmert mich die Taxe

Und was der und jener meint?

Seine Schuld ist’s, wer da kauft,

Hält er nicht die Taxe ein.

Regnet’s diesen Mai nicht – und ich

Bitte Gott um Trockenheit –,

Ei, so weiß ich, daß mein Weizen

Um ein paar Dukaten steigt,

Und so werd ich Rübezahl

Bald der ganzen Gegend sein,

Alles wird mich fürchten, ehren. –

Doch, so aufgebläht und reich,

Was dann fang ich weiter an?

Das Gesetz. Tue recht – Gott über euch!

Die Welt. Hörst du den Souffleur nicht flüstern?

Der Landmann. Bin ein wenig taub zu Zeit.

Die Welt. Der besteht auf seinem Kopfe.

Der Landmann. Nein, ich steh auf meinem Bein.

(Der Bettler tritt auf.)

Der Bettler. Wer von allen, die da leben,

Sah wohl jemals größre Pein,

Als die meine ist? Mein bestes

Ruhelager ist der Stein,

Und ob auch der ganze weite

Himmel meine Decke sei,

Bleiben doch mir Schlafgesellen

Sonnenglut und kalter Reif,

Durst und Hunger meine Wecker.

Wolle Gott Geduld verleihn!

Der Reiche. Was beginn ich, meine Pracht

Recht zu zeigen?

Der Bettler. All die Pein

Zu ertragen, wie beginn ich’s?

Das Gesetz. Tue recht – Gott über euch.

Der Bettler. Oh, wie trostreich diese Stimme!

Der Reiche. Recht langweilig fällt sie ein!

Der Weise. Da – der König kommt zum Garten.

Der Reiche. Wie mein stolzer Sinn sich sträubt,

Sich vor irgendwem zu beugen!

Die Schönheit. Ich stell mich ihm vor, vielleicht

Glückt es, daß vor meiner Schönheit

Sich, besiegt, der Hohe neigt.

Der Landmann. Und ich geh, denn sieht er mich,

Kommt ihm das Gelüsten gleich

Mich von neuem zu beschatzen,

Solche Gunst ist stets mein Teil.

(Der König tritt auf.)

Der König. Allzu enge und beschränkt

Für mein schrankenloses Reich

Sind die Marken all der Grauen,

Die dies niedre Rund begreift.

Über allem, was die Sonne

Anblitzt und das Meer umkreist,

Steh ich als Gebieter da.

Über alle herrsch ich frei,

Und es werfen die Vasallen

Nieder sich, geh ich vorbei. –

Was bedarf ich noch hienieden?

Das Gesetz. Recht zu tun – Gott über euch.

Die Welt. Traun, der kommt mit seinem Spruche

Überall zu rechten Zeit!

Der Bettler. Doppelt unglückselig bei des

Fremden Glückes Widerschein

Steh ich hier in meinem Elend.

Dort sonnt in der Herrlichkeit

Seiner Hoheit sich der König

Und bedenkt nicht, daß ich sein

Nicht entbehren kann. Die Dame,

ganz versenkt in Eitelkeit,

Ahnt kaum, daß es in der Welt

Kummer gibt und herbe Pein.

Auch der Mönch, der dem Gebete

Alle seine Stunden weiht,

Dient er Gott auch recht, so dient er

Ihm doch mit Bequemlichkeit.

Selbst der vielgeplagte Landmann,

Kehrt er müd vom Felde heim,

Findet, wenn auch nicht verschwendrisch,

Dennoch seinen Tisch bereit,

Und der Reiche schwelgt in allem,

Während in der Welt allein

Ich an allem Mangel leide.

Und so nah ich allen heut,

Denn sie können ohne mich,

Ohne sie kann ich nicht sein.

Zu der Schönheit faß ich jetzt

Mir ein Herz – Barmherzigkeit!

Eine Gabe!

Die Schönheit. (ohne ihn zu beachten).

Sprecht ihr Quellen,

Die ihr meine Spiegel seid,

Welcher Schmuck ziert mich am schönsten?

Steht mir diese Locke fein?

Der Bettler. Seht Ihr mich nicht?

Die Welt. Tor! Gewahrst nicht,

Daß dein Hoffen eitel sei?

Wie mag, wer sich selbst vergessen,

Andrer eingedenk noch sein?

Der Bettler (zum Reichen). Ach, aus Eurem Überflusse

Schenkt mir eine Kleinigkeit.

Der Reiche. Gibt’s nicht Türen, dran zu klopfen?

Dringt man bis zu mir herein?

Dort im Vorhaus an der Schwelle

Harret man und bittet leis,

Fällt nicht mit der Tür ins Haus.

Der Bettler. Seid nicht hart, erbarmt Euch mein!

Der Reiche. Fort da, unverschämter Bettler!

Der Bettler. Wer zu Lust so vielerlei

Wegwirft, hätte der für mich

Nicht auch etwas übrig?

Der Reiche. Nein.

Die Welt. ’s ist der Geizhals und der Arme

Aus dem Gleichnis, wie mir scheint.

Der Bettler. Da er nicht die Not begreift,

Wag ich’s, mich in meinem Leid

An den König selbst zu wenden –

Herr, gedenk in Milde mein!

Der König. Meinen Großalmosenier

Setzt’ ich zu dem Zwecke ein.

Die Welt. Mit Ministern schanzt der König

Klüglich sein Gewissen ein.

Der Bettler (zum Landmann).

Guter Landmann, da für jedes

Körnlein, das Ihr ausgestreut,

Euch das Zehn- und Hundertfache

Gottes Segen hat erteilt,

Oh, so helft mir in dem Elend!

Der Landmann. Freund, hat es mir Gott erteilt,

Hieß es erst auch wacker pflügen,

Und es kostet meinen Schweiß.

Saget, schämt Ihr Euch denn gar nicht?

So ein Kerl, stark und breit,

Und zu betteln! Dienst genommen,

Nicht so faul durchs Land geschweift!

Und gibt’s einmal schmale Bissen,

Nun, zum Henker! Nehmt das Beil,

Euer Brot Euch zu verdienen!

Der Bettler. Aber in dem Schauspiel heut

Ward mir ja des Armen Rolle,

Nicht des Landmanns Part zuteil.

Der Landmann. Mit der Rolle gab der Meister

Euch doch nimmer das Geheiß,

Nur als Vagabund zu betteln,

Denn die Arbeit und der Schweiß

Paßt recht zu des Armen Rolle.

Der Bettler. Ach, um Gott’s Barmherzigkeit,

Bruder, Ihr seid gar zu strenge.

Der Landmann. Und ihr gar zu betteldreist.

Der Bettler (zum Weisen).

Reicht mir eine milde Gabe!

Der Weise (ihm Brot gebend).

Nehmt – verzeiht die Kleinigkeit.

Der Bettler. Ja, barmherzig Brot zu spenden,

Ziemt vor allen andern Euch,

Die ja stets das Brot des Lebens

Uns der heil’ge Glaube reicht.

Der Weise. Weh!

Der König. Was gibt es?

Der Bettler. Wohl im Wandern

Irgendeines Trübsals Stein

Hat den Glaubenshort verwundet.

Der König (dem Weisen die Hand reichend).

Wo er wankt, steh ich ihm bei.

Der Weise. Wohlgetan war’s, denn kein andrer

Kann so kräft’gen Arm ihm leihn. –

Der Meister. Manchen Fehl könnt’ ich verbessern,

Der sich meinem Blick hier beut,

Doch dazu gab ich dem Menschen

Starken Willen und das Reich

Über seine Leidenschaften,

Auf daß jeder tüchtig sei,

Durch sein Tun sich selbst zu adeln;

Und so laß ich alle frei

Heute ihrer Rollen spielen.

Doch, wie bunt die Wirrung sei,

Im Zusammenspiel beacht ich

Jeglichen für sich allein,

Allen das Gesetz verkündend:

Das Gesetz. Tue recht – Gott über euch! –

Wiederholt schon jedem einzeln

Sowie allen im Verein

Sagt ich’s – und so wird ihr Irrtum

Künftig ihre Schuld auch sein. –

Sollst, gleich dir, den Nächsten lieben,

Tue recht, Gott über euch!

Der König. Da uns all zu einem Schauspiel

Dieses Leben hat vereint,

Freundlich auch dieselben Pfade

Allen Wanderern gemein,

So laßt durch Gespräch den Weg uns

Kürzen in Vertraulichkeit

Die Schönheit. ’s gäb’ ja nimmer eine Welt

Ohne die Geselligkeit.

Der Reiche. So bring jeder ein Geschichtchen.

Der Weise. Zu weitschichtig möcht’ das sein,

Besser scheint’s, daß jeder sage,

Was er still im Herzen meint.

Der König.

Bedenk ich meines Reiches Hochgewalten,

Steh ich vor Glanz in Staunen oft verloren,

Ob der geheimnisvollen Macht der Horen,

So wunderbare Wechsel zu entfalten.

Für mich die Felsenschlösser Wache halten,

Vasallin war die Schönheit mir geboren,

Und was da niedrig, was zu Pracht erkoren:

Triumphe sind es für des Schicksals Walten.

Soll’s, so ein vielgestaltet Ungeheuer,

Das soviel Köpfe mir entgegenbäumet,

Mit sichrer Hand zu bänd’gen mir gelingen:

Oh, so gib, Himmel, mir der Weisheit Feuer!

Denn eitel Menschenkraft vergeblich träumet,

Ein Joch so vielen Nacken aufzuzwingen.

Die Welt. Gleich wie Salomon erfleht er

Sich des Herrschers Wissenschaft.

Eine Stimme (singt von der Grabespforte her).

König dieses schwanken Reiches,

Lasse, laß den stolzen Wahn,

Denn schon dunkelt rings die Bühne,

Deine Rolle ist vollbracht.

Der König. Daß verklungen meine Rolle,

Eine Stimme zu mir sang –

Oh, wie mir das Herz sich wendet

Bei dem schauerlichen Klang!

Ist’s zu Ende nun, so muß ich

Weichen – doch wo tret ich ab?

Dorthin zu der ersten Türe,

Wo ich meine Wiege sah,

Ist der Pfad verweht, ich kann

Nicht zurück mehr; o wie hart,

Keinen einz’gen Schritt zur Wiege

Lenken dürfen! Nach dem Grab

Zielen alle – Kehrt der Strom,

Der als Meeresarm entsprang,

Doch zum Meer zurück, die Quelle,

Die sich frisch dem Strom entschwang,

Wird einst wieder Strom, das Bächlein,

Das sich aus der Quelle schlang,

Wieder Quell – und nur der Mensch,

Der im Kern des Seins erwacht,

Kehrt zur Kluft, um – er allein –

Nicht zu sein mehr, was er war? –

Doch da ausgespielt die Rolle,

Meister, der uns überwacht!

So verzeihe, wo ich fehlte –

Sieh, bereuend steh ich da.

(Er entfernt sich durch die Grabespforte, durch welche auch die andern späterhin abgehen.)

Die Welt. Gut beschloß er seine Rolle,

Da er um Vergebung bat.

Die Schönheit. Seht, inmitten der Vasallen,

In der Blüte seiner Pracht

Sank der König.

Der Landmann. Sinkt im Mai

Regen nur auf meine Saat,

Wird, mit Brot und ohne König,

Leichter noch das Jahr vollbracht.

Der Weise. Und doch – ’s ist ein großer Schmerz.

Die Schönheit. Und Verwirrung mannigfach.

Was nun ohne ihn beginnen?

Der Reiche. Laßt uns plaudern vor wie nach;

Sag nun du uns, was du denkest?

Die Schönheit. Nun, ich habe mir gedacht –

Die Welt. Wie sich Lebende schnell trösten

Über des Geschiednen Grab!

Der Landmann. Ja, zumal, wenn der Verstorbne

Ihnen viel verlassen hat.

Die Schönheit.

Bedenk ich meiner Schönheit duftig Schweben,

Neid ich den König nicht um seine Prachten.

Als herrlicher muß ich den Thron betrachten,

Auf den mich meiner Schönheit Zauber heben.

Denn herrscht der König über schwanke Leben,

Und über Seelen ich, die nie vernachten,

So kann ich höher wohl mein Reich erachten,

Dem über Ew’ges ward die Macht gegeben.

Es haben ªeine kleine Welt´ die Weisen

Den Mann genannt; nun wohl, beherrsch ich diesen,

Und herrscht ein Himmel überm Weltgewimmel:

So darf mein göttergleiches Los ich preisen,

Denn wenn die Männer eine Welt umschließen,

So ist fortan das Weib ein kleiner Himmel.

Die Welt. Sie gedenket nicht der Mahnung

Des Ezechiel, der da sagt,

Daß der Schönheit Reiz durch Hochmut

Ward verkehrt in Mißgestalt.

Gesang der Stimme (draußen).

Du, der Menschen holde Schönheit,

Blume, allzufrüh erwacht,

Welke! Denn in deinen Morgen

Dämmert schon herein die Nacht.

Die Schönheit. Daß die Schönheit untergehe,

Sagt ein trauriger Gesang –

Geh nicht unter, geh nicht unter,

Kehr zu deinem ersten Glanz! –

Aber weh mir! Keine Rose,

Weiße, rote, blüht im Land,

Die nicht bei der Lüfte Kosen,

In der Sonne Liebesstrahl

Bleichend ihren Schmuck verstreute;

Alle sinken, Blatt auf Blatt,

Keine, keine legt das Brautkleid

Ihrer Knospe wieder an! –

Doch was kümmert mich’s, daß Blumen,

Der Aurora leichter Kranz,

Welken müssen, wenn die Sonne

Mit dem Scheidekuß versank?

Ist wohl meinem Los vergleichbar

Irgendeiner Blume Pracht,

Die stets nur aus halbem Sein

Ins Nichtsein hinüberrankt?

Nein, nein! Höh’re Blume bin ich,

Von so großer Dauerkraft,

Daß die Sonne nicht mein Ende

Schaut, die mich entstehen sah.

Ewig so, wie kann ich enden? –

Stimme, sprich, red ich nicht wahr?

Die Stimme. Ewig blühst du in der Seele,

Sterblich in des Leibes Haft.

Die Schönheit. Daß ich solcher Unterscheidung,

Ach, kein Wort entgegnen kann! –

Dorther von der Wiege kam ich,

Dorthin muß ich nun zum Grab. –

Wie betrübt’s mich, daß ich besser

Meine Rolle nicht gemacht! (Sie geht ab.)

Die Welt. Gut beschloß sie ihre Rolle,

Da ihr Herz in Reue brach.

Der Reiche. Mitten aus der Lust, den Spielen,

Unter süßer Lauten Klang

Schwand die Schönheit.

Der Landmann. Blieb nur Schinken

Und ein Schlückchen Wein im Schrank

Uns zum Osterfeste noch, wenig

Frag ich nach der Schönheit dann.

Der Weise. Dennoch – groß ist diese Trauer.

Der Bettler. Und tief Mitleid und erfaßt;

Was nun sollen wir beginnen?

Der Reiche. Ei, wir plaudern vor wie nach.

Der Landmann. Denk ich mir, wie ich mich quäle,

Grab und hau vor Angst und Treue,

Wie ich keine Hitze scheue

Und auf jeden Nachtfrost schmäle:

Und seh dann so trägt die Seele,

Schimpf ich oft sie lau und matt,

Daß für Korn und Frucht und Blatt

Sie stets Lob und Dank will sagen

Nur dem Acker, der’s getragen,

Und nicht Gott, von dem er’s hat.

Die Welt. Schon naht sich der Dankbarkeit,

Wer als Schuldner sich erkannt

Der Bettler.

Zu dem Landmann neigt mein Herz sich,

Obgleich er vorher mich schalt.

Die Stimme. Landmann! Diener Not und Mühen

Vorbestimmtes Ziel ist da.

Andern Acker wirst du bauen –

Wo? ist Gott allein bekannt.

Der Landmann. Stimme, wenn von solchem Spruche

Jemals noch Berufung galt,

Mit Vergunst, so appellier ich

An die höhere Instanz.

Warum grade jetzt schon sterben?

Paßt doch bessern Zeitpunkt ab!

Soll ich mindestens einst nicht sehen

Meine weggeworfne Saat?

Daß ich ein nichtsnutz’ger Bauer,

Sagt’ ich ja voraus; das sagt

Auch mein Weinberg, der mit Disteln

Und den schönsten Blumen prangt,

Denn so hoch floriert das Unkraut,

Daß, wer just nicht gar zu nah,

sich den Kopf zerbricht, ob’s Weizen

Oder Rebe, was er sah.

Wuchert Nachbars Korn zum Staunen

Unverschämt und riesenhaft:

Hält sich meins zum Zwerggeschlechte,

Das kaum aus dem Grase ragt.

Wer das hört, könnt’ freilich meinen,

Wenn das Feld so fahl und kahl,

Schlüg’ ja, wie bestellt, mein letztes

Stündlein. Ja, warum nicht gar!

Denn besteht schon, wer den Erben

Volle Scheunen hat vermacht,

Nicht ganz gut vor seinen Vätern –

Wie nun gar mit leerer Hand?

Doch jetzt gilt’s nicht, lange fackeln,

Da die Todesstimme sprach

Und zugleich mit offnem Rachen

Schon das Grab dort nach mir schnappt.

Fehlte ich in meiner Rolle,

Ficht mich nur der Kummer an,

Daß ob meiner wen’gen Reue,

Mich nicht größrer Kummer plagt. (Ab.)

Die Welt. Anfangs hielt ich ihn für dümmlich,

Doch jetzt zeigt er durch die Tat,

Daß mein rasches Urteil irrte –

Gut beschloß der Ackersmann.

Der Reiche. Von den Spaten und den Pflügen,

Müde aus des Staubes Qualm

Ist der Landmann nun geschieden.

Der Bettler. Und wir schaun voll Sorgen nach.

Der Weise. Welcher Kummer!

Der Bettler. Welch Bedrängnis!

Der Weise. O Betrübter –

Der Bettler. Unglückstag!

Der Weise. Was nun ohne ihn beginnen?

Der Reiche. Weiter plaudern vor wie nach. –

Nach dem Beispiel all der andern

Sag auch ich, was ich gedacht:

Wer sah ohne Schreck dies Leben,

Einer zarten Blume gleich,

Sich im Morgentau erheben

Und im Abendrot schon bleich?

Muß es denn so schnell entschweben,

Nun, so spart vergebne Not

Und genießt, was man euch bot!

Laßt den Bauch zum Gott uns machen,

Heut noch essen, trinken, lachen,

Denn wer weiß, wer morgen tot!

Die Welt. Das ist ja ein saubres Sprüchlein,

Recht nach Heidensinn und Art,

Wie schon Isaias sagte.

Der Weise. Wer kommt jetzt?

Der Bettler. Ich folge nach.

Fluch dem Tag, da ich erwacht,

Um die harte Welt zu sehen,

Und verflucht die falsche Nacht,

Wo ich zu so herben Wehen

Ward gezeugt! – Umschlinge sacht

Trüber Nebel Berg und Tale,

Daß der Sonne reines Licht

Nimmermehr sie rosig male

Und kein Strahl die totenfahle,

Schwere Wolkenwucht durchbricht.

Ew’ge Nacht deck’ alle Dinge

Grauenvoll mit dunkler Schwinge,

Und daß durch die Wolkenrisse

Nie ein Blick zum Himmel dringe,

Balle sie die Finsternisse,

Lösche aus der Funken Pracht,

Die des nächt’gen Wandrers Wonne,

Und der Tag sei ohne Sonne,

Sternenlos die öde Nacht! –

Herr! Nicht darum so verloren

Siehst du mich in wildem Schmerz,

Weil zur Armut ich erkoren,

Nein, nur das bricht mir das Herz,

Daß in Sünden ich geboren.

Die Welt. Ha, der spiegelte recht täuschend

Der Verzweiflung Wesen ab!

Denn auch Hiob einst verfluchte

Ebenso der Sünde Schmach.

Die Stimme. Streng bemessen ist das Glück,

Streng bemessen ist die Qual,

Von den Qualen, von dem Glücke

Gebt nun beide Rechenschaft!

Der Reiche. Weh mir!

Der Bettler. Welch frohe Kunde!

Der Reiche. Wie! bei dieses Rufes Klang

Bebst du nicht zusammen?

Der Bettler. Ja.

Der Reiche. Und bist nicht auf Flucht bedacht?

Der Bettler. Nein, denn diese Schauer rieseln

Jeglichem durch Bein und Mark,

Fühlt der schwache Mensch voll Zagen

Die Gerichte Gottes nahn.

Doch wo alle Flucht vergebens,

Wenn sogar die heil’ge Pfalz

Nicht den König, und die Schönheit

Nicht die eigne Glorie barg:

Wohin sollt’ die Armut fliehen?

Nein, viel tausend-, tausendmal

Dank ich ihm, daß er nun endet

Mit dem Leben meine Schmach.

Der Reiche. So ganz ohne Herzeleid

Trittst du von der Bühne ab?

Der Bettler. Da ich hier nichts Liebes lasse,

Geh ich willig diesen Pfad.

Der Reiche. Und ich wie geschleift vom Henker,

Denn mein Herz bleibt bei dem Schatz.

Der Bettler. Welche Freude!

Der Reiche. Welche Trauer!

Der Bettler. Welche Tröstung!

Der Reiche. Welche Qual!

Der Bettler. Welch Vergnügen!

Der Reiche. Welche Schmerzen!

Der Bettler. Welches Glück!

Der Reiche. O harter Fall!

(Beide gehen ab.)

Die Welt. Wie so anders ist des Reichen

Und des Bettlers Todesbahn!

Der Weise. Auch sie scheiden – auf der Bühne

Steh nur ich allein noch da.

Die Welt. Unter allen hält die Kirche

Stets am längsten bei mir stand.

Der Weise. Nicht die hehre Kirche bin ich;

Sie besteht, ich muß hinab,

Denn nur einer ihrer Diener

War ich hier aus eigner Wahl.

Doch dem ruf der Todesstimme

Eilt’ ich sehnsüchtig voran,

All mein Tun und Sein versenkend

Lebend schon ins stille Grab.

Und so schließ ich heut das Schauspiel,

Morgen spielt der andre Akt –

Und ihr, bessert euch für morgen,

Die ihr heut uns irren saht!

(Der Vorhang der untern Erdenbühne fällt.)

Der Meister. Straf’ und Lohn verhieß ich jedem,

Wer da schlecht, wer gut bestand;

Kommt nun allzumal herbei,

Lohn und Strafe zu empfahn!

(Die Himmelsbühne schließt sich ebenfalls.)

Die Welt. Kurz war das Schauspiel; aber wann verwehen

Nicht rasch des Lebens Spiele, kaum erklungen,

Wo alles nur ein Kommen ist und Gehen,

Das keinen überrascht, der’s recht durchdrungen?

Verödet schon seh ich die Bühne stehen;

Zu ihrem Urstoff, dem sie sich entrungen,

Kehrt nun die Form, die jeder angenommen;

Staub scheiden sie, da sie als Staub gekommen.

Von allen jetzt, vom Kön’ge bis zum Bauer,

Fordr’ ich zurück, was sie von mir erbeutet

An eitlem Tand für dieses Schauspiels Dauer,

Daß jeder scheine, was sein Part bedeutet.

An diese Tür stell ich mich auf die Lauer,

Und wer da meine Schwelle überschreitet,

Leg ab, was er an Schmuck mir hat entnommen,

Denn Staub sei wieder, wer als Staub gekommen.

(Der König tritt auf.)

Du, der zuerst aus diesem Tor gezogen,

Sprich, welche Rolle hattest du empfangen?

Der König.

Du frägst? Vergißt die Welt so schnell des Hohen?

Die Welt. Die Welt wirft hinter sich, was da vergangen.

Der König. Mir untertan war, was der Sonne Lohen,

Wann sie aufatmet an Auroras Wangen,

Bis träumrisch sie ins Schattenreich gesunken,

Vergoldend übersprüht mit Feuerfunken.

Ich war’s, dem die Gewalt man anvertraute,

Der andre sonnt’ mit seines Ruhmes Lichte,

Der Siegesbogen erbt’ und neue baute,

Der mit den Völkern einst ging ins Gerichte,

Der sinnend nach den höchsten Gütern schaute,

Der mit dem Schwerte schrieb die Weltgeschichte

Und über sich den Thronenhimmel glänzen

Von Purpur sah, von Kron’ und Lorbeerkränzen.

Die Welt. So löse denn, verlaß, wirf hin die Krone,

Leg ab die Majestät, vom stolzen Schlosse

Verbannt, vergessen, wie zu herbem Hohne,

Scheid nackt und bloß aus dieses Lebens Posse!

Der Purpur, den du rühmst in hohem Tone,

Bald hüllt sich drein ein anderer Genosse,

Nichts nimmst du mit von allem, was da glänze,

Mir bleiben Purpur, Kron’ und Lorbeerkränze.

(Sie entkleidet ihn.)

Der König.

Hast du nicht selber mir den Schmuck verliehen?

Warum nun nimmst du, was du kaum gespendet?

Die Welt. Weil’s nicht verlieh dir wurde, nur geliehen

Für kurze Frist, bis du dein Spiel geendet.

Laß nun für andre deine Reiche blühen

Und alle Herrlichkeit, die dich geblendet.

Der König.

Wer möchte’ fortan an deine Macht noch glauben,

Vermagst du nichts zu geben, nur zu rauben!

Was nun vor andern hab ich zum Gewinn,

Daß ich den Zepter auf der Welt geführet?

Die Welt. Lohn oder Zücht’gung wird dir zum Gewinne

Von deinem Herrn, der weiß, was dir gebühret.

Ich frage nicht, ob du nach seinem Sinne

Den König wacker oder schlecht agieret,

Mich kümmert nur der Schmuck, den du entnommen,

Denn du mußt von mir gehn, wie du gekommen.

(Die Schönheit tritt auf.)

Was spieltest du?

Die Schönheit. Das Zauberspiel der Blicke.

Die Welt. Was gab ich dir?

Die Schönheit. Der Schönheit süß’stes Prangen.

Die Welt. Wo hast du sie?

Die Schönheit. Sie blieb im Grab zurücke.

Die Welt. Es schauert die Natur in leisem Bangen,

Sieht sie die Schönheit von so schwankem Glücke,

Daß sie, eh’ sie noch heimgekehrt, schon vergangen;

Und wie ich auch nach dir zurück mich sehne,

Verloren ist, so dir wie mir, die Schöne.

Der König mußt’ sein Reich mir wiedergeben

Und alles Hohe seinen Glanz mir lassen,

Nur Schönheit wendet sich, verhaucht ihr Leben,

Sieht ihre Herrin sterbend sie erblassen. –

Schau in den Spiegel hier!

Die Schönheit. Ich seh’s mit Beben.

Die Welt. Wo hast du deiner Reize Schmuck gelassen,

Die ich dir einst geliehn? Gib sie mir wieder!

Die Schönheit. Sank alles, alles dort im Grabe nieder.

Dort ließ ich den Jasmin und die Korallen,

Dort sah ich Mund und Wangen leis erbleichen,

Dort, Blatt um Blatt, die Rosen, Nelken fallen,

Dort graue Nacht den Frühling überschleichen,

Dort trübten sich die spiegelnden Kristallen,

Dort brachen meines Zaubers Stab und Zeichen,

Dort gingen unter meiner Augen Schimmer,

Dort blieb von aller Schönheit nicht ein Trümmer

(Der Landmann tritt auf.)

Die Welt. Ha, Bauer, was warst du?

Der Landmann. Nun, Bauer eben,

Weil ich’s sein mußte. Aber bleib nur sitzen,

Der Bauer beißt nicht. – Ja, den Titel geben

Die Fante uns, für die im Feld wir schwitzen.

Ich bin’s, den manche, die bei Hofe leben,

Vornehm gesegenen mit schlechten Witzen,

Ich bin’s – und daß ich’s bin, soll mich nicht plagen –

Zu dem ihr: ªDu´ und ªEr´ beliebt zu sagen.

Die Welt. Gib her, was ich dir lieh.

Der Landmann. Du, mir geliehen?

Die Welt. Ein Spaten war’s.

Der Landmann. Das lohnt auch noch zu schwatzen!

Die Welt.

Gleichviel! Darfst nicht damit von dannen ziehen.

Der Landmann.

Nun, da möcht’ einem doch die Galle platzen!

Seht die vertrackte Welt! Erst ab mich mühen,

Mit Not das bißchen Brot zusammenkratzen,

Und jetzt, da wir hier auseinanderrennen,

Nicht so ein lumpig Grabscheit mir zu gönnen!

(Der Reiche und der Bettler treten auf.)

Die Welt. Wer naht?

Der Reiche. Wer nimmer möchte von dir scheiden.

Der Bettler.

Und wer von dir zu scheiden stets verlangte.

Die Welt.

Wie kommt es, daß zu selben Zeit euch beiden

Zu lassen mich und nicht zu lassen bangte?

Der Bettler. Weil ich viel bittre Armut mußte leiden.

Der Reiche.

Und ich mit Schätzen übermächtig prangte.

Die Welt. Her dein Geschmeid.

(Sie nimmt ihm seinen Staat.)

Der Bettler. Schau, wie ich sicher baute,

Hab nichts, das mir die Welt zu lassen graute.

(Das Kind kommt.)

Die Welt. Auch dich sah ich doch zum Theater streben,

Warum erschienst du niemals im Stücke?

Das Kind. Du nahmst in einem Grabe mir das Leben,

Im Grab laß ich, was du mir gabst, zurücke.

(Der Weise tritt ein.)

Die Welt. Was hatt’ ich dir zum Schmucke mitgegeben?

Sprich, was erbatst du an des Lebens Brücke?

Der Weise. Ein härnes Kleid, das ich demütig trüge,

Die Geißel, das Gebet und innre Gnüge.

Die Welt.

So gib mir’s wieder nun, man soll nicht wähnen,

Daß einer nur ein Ehrenpfand vertrage.

Der Weise. Ich wollte, das Gebet, die Lust der Tränen

Verblieb der Welt bis an das End’ der Tage;

Doch scheiden sie mit mir, auf daß sich Sehnen

Dir selbst entschwing’ mit kühnerm Flügelschlage –

Versuch’s, ob du’s vermagst, sie zu erfassen.

Die Welt. Kann nicht – muß dir die guten Werke lassen

Das einzige, das ihr der Welt entrungen.

Der König.

Oh, wer doch nimmer nach Gewalt getrachtet!

Die Schönheit.

Und nimmer nach der Schönheit Huldigungen!

Der Reiche.

Oh, hätt’ ich nie mit Schätzen mich befrachtet!

Der Landmann.

Oh, wer den Spaten rüst’ger doch geschwungen!

Der Bettler.

Oh, wer in größern Nöten noch geschmachtet!

Die Welt. Zu spät – was schauert ihr? – im Sterben

Mag sich nicht Palmen mehr der Mensch erwerben.

Und da ich ausgelöscht der Schönheit Züge

Und, was gewaltig war, gestürzt nun habe,

Da ich verstört des Hochmuts eitle Flüge,

Den Zepter gleichgemacht dem Bettelstabe:

So gehet vom Theater denn der Lüge

Ein in das Reich der Wahrheit aus dem Grabe!

Der König. Wie anders, als da ich jetzt wiederkehre,

Empfingst du damals uns!

Die Welt. Merk dir die Lehre:

Naht sich Fortuna, lächelnd zu beglücken,

Schau, wie devot der Mensch sich vor ihr schmiege!

Doch kehrt sie einmal spröde ihm den Rücken,

Ballt drohend er die Fäuste wie zum Kriege.

Die offne Wiege, zärtlich fast erdrücken

Möcht’ sie den Menschen, doch dieselbe Wiege,

Einst umgekehrt, wird dich als Sarg umfassen –

Wieg’, Sarg bin ich beim Willkomm und Entlassen.

Der Bettler. Da die Welt hier so tyrannisch

Uns aus ihrer Mitte forttreibt,

Laßt uns zu dem Gastmahl gehen,

Das zu unsers Spieles Lohne

Uns der Meister hat verheißen.

Der König (zum Bettler). Höhnst du also meine Hoheit,

Daß du’s wagst voran zu gehn?

Hast du gar schnell verloren

All Erinnern, plumper Bettler,

Daß du als mein Knecht geboren?

Der Bettler. Deine Rolle ist zu Ende.

In des Grabes Garderobe

Sind wir all einander gleich;

Was du warst, kann wenig frommen.

Der Reiche. Wie! Vergißt du, daß du gestern

Mich noch bettelnd angesprochen?

Der Bettler. Und vergißt du, daß du mir

Nichts gegeben?

Die Schönheit. Schon enthoben

Wähnst du dich der schuld’gen Achtung,

Die man hohen Damen zollet?

Der Weise. Alle gleichen wir einander

Hier an dieser stillen Pforte,

Im armsel’gen Grabeskittel

Gilt nicht mehr gering noch vornehm.

Der Reiche (zum Landmann).

Fort doch, aus dem Wege, Bauer!

Der Landmann. Laß nun endlich deine Possen!

Tot ist tot, und nur noch Schatten

Bist du deiner frühern Sonne.

Der Reiche. Weiß nicht – vor des Meisters Anblick

Will mir fast der Atem stocken –

Der Bettler. Meister Himmels und der Erde!

Die, nach deinem Machtgebote,

Dieses kurzen Menschenlebens

Schauspiel vorgestellt, sie kommen

Alle nun zum großen Gastmahl,

Das du ihnen einst versprochen.

Laß das Lichtgewölk sich teilen

Vor dem Glanze deines Thrones!

(Musik. Währenddes erschließt sich noch einmal die Himmelsbühne und zeigt einen Tisch mit Kelch und Hostie, an welchem der Meister sitzt.)

Der Meister. Schon harrt eurer dieser Tisch

Und das Brot, vor dem erschrocken

Sich die Hölle beugt und alle

Himmel in Beschaun verloren.

An der Zeit ist’s, zu verkünden,

Wer jetzt mit mir tafeln soll,

Denn aus meiner Nähe müssen

Scheiden nun, die ihre Rollen

Dort verfehlt, auf das besel’gend

Sie Erkenntnis überkommen

All des Heiles, das ich ihnen

So barmherzig dargeboten.

Sei der Bettler und der Mönch

Denn zum Ehrentische erhoben;

Essen sie auch nicht dies Brot,

Da sie schon der Welt entnommen,

Ist’s doch Labsal, anzubeten

Das Mysterium der Wonne.

Der Bettler (zu der oberen Bühne aufsteigend).

Ich Glücksel’ger! O wer härtre

Not doch über sich genommen,

Da, was ich um Gott gelitten,

Nun mein Haupt umglänzt als Glorie!

Der Weise (ebenso): O ich hochbeglückter Büßer,

Dem so hehres Los erobert

Seine herbe Strenge! Selig,

Wer da Tränen hat vergossen

Und als Sünder sich bekannt!

Der König. Mitten in dem Glanz der Hoheit

Fleht ich, Herr, nicht um Erbarmen?

Warum hast du mich verworfen?

Der Meister. Schönheit und Gewalt, hochmütig

Hatten sie sich überhoben,

Doch bereut auch. Beide seien,

– Jedoch später – aufgenommen.

Ebenso gescheh’ dem Landmann.

(Zum Bettler.)

Wenn er dir nichts geben mochte,

War’s nicht Herzenshärtigkeit,

Seine Absicht war zu loben,

Nur verblümt auf seine Art,

Als er damals dich gescholten,

Um dir durch sich selbst zu helfen.

Der Landmann. Ja, das war es, was ich wollte,

Denn ich haßt’ die Vagabunden.

Der Meister (zu der Schönheit, dem Könige und dem Landmann). So gewärtigt künft’gen Lohnes,

Da ihr, eure Schuld bereuend,

Um Barmherzigkeit geworben!

Im Fegfeuer nun ihr drei

Harret büßend, bis gekommen

Eure Zeit.

Der Weise. O heil’ger Meister!

Da ich wankt’, die Hand geboten

Hat der König mir; die meine

Biet ich jetzt in seiner Not ihm.

(Er reicht dem König die Hand und hebt ihn empor.)

Der Meister. Und ich kürze deine Buße,

Da die Kirche ihn empfohlen.

Fliegt, Jahrhunderte, dahin!

Überwunden hat sein Hoffen.

Der Landmann. Regneten doch auf mich nieder

So viel Bullen für Verstorbne

Und so hageldicht, daß eine

In der Luft die andre stoße!

Denn des heil’gen Vaters Briefe,

Die aus Rom zu Hilfe kommen,

Machen wunderbar die Riegel

Dieses düstern Kerkers loser.

Das Kind (zum Meister).

Fehlt’ ich nicht in meiner Rolle,

Warum wird mir nichts zum Lohne,

Hoher Herr?

Der Meister. Weil allzuwenig

Du gerungen. Nicht belohnen

Noch bestrafen kann ich dich;

Schuldlos, doch in Schuld geboren,

Bleibt dir Lohn und Strafe fremd.

Das Kind. Tiefe Nacht hält mich umschlossen,

Wie im Traume steh ich blind

Ohne Schmerz und ohne Wonne.

Der Reiche. Seh ich König dort und Schönheit,

Bloß weil Weltruhm sie verlockte,

Trotz der Tränen, die sie weinten,

So im Innersten erschrocken,

Und den Bauer, unter Seufzen,

Daß es Steine rühren sollte,

Ungewiß und bebend zaudern,

Hier emporzuschaun zu Gottes

Furchtbar strengem Angesicht –

Wie wagt’ ich den Blick nach oben? –

Doch ich muß – wo flöh’ ich hin,

Da kein Winkel bleibt verborgen

Vor dem schrecklichen Gericht?

Meister!

Der Meister. Unglücksel’ger, stockt dir

Nicht die Stimme bei dem Namen?

Hättst du nie ihn ausgesprochen!

Denn hier aus der Zahl der Meinen

Bist fortan du ausgestoßen.

Steig zu der verlornen Nacht

Nieder nun, wo deine stolzen

Lüste dich in Ewigkeit

Zwischen Furcht und Qualen foltern.

Der Reiche. Wehe! an mein Schattenbild

Festgeschmiedet, glutumlodert,

Stürz ich nieder – stürzt mir nach!

Unter eurem starren Bogen,

Um mich vor mir selbst zu bergen,

Deckt, begrabt mich Felskolosse!

Der Weise. Ew’ge, ew’ge Seligkeit!

Die Schönheit. Einst wird sie auch mir erschlossen!

Der Landmann. Schönheit, so mit bloßen Wünschen

Sollst du mir zuvor nicht kommen!

Das Kind. Keine Seligkeit für mich!

Der Reiche. Und für mich fortan keine Hoffen!

Der Meister. Die vier letzten Dinge hat hier

Euer Auge wahrgenommen.

Doch weil eines von den vieren

Schließlich muß zu Ende kommen.

Nach dem Wesen dieser Dinge,

So sei zur geheimnisvollen

Tafelrunde nun die Schönheit

Und der Landmann aufgenommen,

Da sie schmerzensreich die Stufen

Schon der Seligen erklommen.

Der Reiche. O des Neides!

Der König. Welch ein Sieg!

Die Schönheit (oben anlangend).

Welche Freude!

Der Landmann (ebenso). Ha, Viktoria!

Der Reiche. Welche Schmerzen!

Der Weise. Welcher Trost!

Der Bettler. Welche Labung!

Der Reiche. Oh, verloren!

Das Kind. Schmerz und Wonne überall,

Nur für mich nicht Schmerz noch Wonne!

Der Meister. Da des Himmels Engelscharen,

In der Hölle die Dämonen

Und die Menschen auf der Welt

All sich beugen vor dem Brote,

Sollen durch die Himmel, Hölle

Und die Welt zu seinem Lobe

Süße Stimmen widerhallen

Rings in unermeßnem Chore.

(Musikklänge, man hört in der Ferne das Tantum ergo singen.)

Die Welt. Und da dieses ganze Leben

Eben nur ein Schauspiel vorstellt,

Oh, so werde dem wie jenem

Nachsicht hier wie dort zum Lohne!